Bioshock - Rapture - Roman by Panini

Autor:Panini
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Panini
veröffentlicht: 2011-10-27T16:00:00+00:00

12.

Artemis Suites

1955

„Ich hab heute im Leuchtturm gearbeitet“, sagte Sam Lutz niedergeschlagen. Er war müde, und sein Rücken schmerzte, als er neben seiner Frau auf der untersten Etage des Stockbettes saß und ihrer Tochter beim Spielen zusah.

Sam und Mariska Lutz wohnten im überfüllten Apartment Nummer 6 des Artemis-Suites-Komplexes. Eigentlich war es für vier Personen ausgelegt, doch sie mussten es sich mit neun anderen Familien teilen. Sie ignorierten die Streitgespräche, das Geschubse und Gedränge und konzentrierten sich ganz auf Mascha, die auf dem Boden neben den Betten mit zwei unbeweglichen kleinen Puppen spielte. Sam hatte sie aus einem Stück Holz geschnitzt. Eine stellte einen Jungen dar, eine ein Mädchen, und Mascha – ein blasses schwarzhaariges Mädchen mit leuchtenden schwarzen Augen, wie auch ihre Mutter sie besaß – ließ sie miteinander tanzen. „La, la-la la, die Stadt unter dem Meer, wir lieben so sehr, oh, la, la-la la-a!“, sang sie, und ihre näselnde Stimme gab den Takt für den Tanz vor. Das Lied musste sie in einem der öffentlichen Atrien aufgeschnappt haben, wo oft Musik aus den Lautsprechern schallte.

„Gut, dass du den Job bekommen hast, Sam“, sagte Mariska, während sie Mascha beobachtete. Ihre Aussprache war gut – sie hatte in Prag Englisch unterrichtet –, aber ihr Akzent noch immer unüberhörbar. Sie und Sam hatten sich kennengelernt, als er nach dem Zweiten Weltkrieg in Osteuropa stationiert gewesen war. Die Umstände hatten es unmöglich gemacht, zu heiraten und gemeinsam in die Vereinigten Staaten zurückzukehren, doch 1948 hatte sie einer von Ryans Leuten angesprochen, der Arbeiter für den Atlantic Express rekrutierte. Rapture war ihr als ein Ausweg erschienen aus der Trümmerlandschaft und aus der U.S. Army.

Doch es war kein Ausweg. Es war eine Falle. Als die Arbeiten am Express beendet waren, wurde Bill entlassen. Er durfte die Unterwasser-Kolonie nicht mehr verlassen, das hatte man ihm unmissverständlich klargemacht. Sicher, es gab viel Schönes in Rapture, aber Menschen wie Sam hatten kaum Gelegenheit, diese Schönheiten zu genießen. Es war so, wie Sofia Lamb sagte: Die meisten Menschen in Rapture lebten das Leben eines Dieners, der in der Kammer unter der Treppe wohnte.

„Ja, diesen Job zu bekommen war wichtig“, sagte er. „Aber es ist nur für zwei Tage. Das reicht nicht, um uns hier herauszubringen. Wir brauchen mehr Geld, wenn wir eine eigene Wohnung im Sinclair Deluxe haben wollen.“

„Hinter dem Fighting McDonagh’s gibt es viele Räume, die nicht genutzt werden. Elaine hat es mir erzählt. Vielleicht würden sie uns dort billig wohnen lassen! Die McDonaghs sind nette Menschen.“

Sam brummte. „Vielleicht, aber ich weiß nicht, ob das ein guter Ort für die Kleine wäre. McDonaghs Nachtportier vermietet diese Zimmer an Frauen aus Pauper’s Drop … Das sind verzweifelte Frauen, wenn du verstehst, was ich meine.“

„Ist es hier denn so viel besser?“

„Nein.“ Sam wusste, dass Niedergeschlagenheit ansteckend sein konnte, also setzte er ein Lächeln auf und tätschelte ihre Hand. Dann beugte er sich zu ihr hinüber und flüsterte: „Eines Tages werden wir nach Colorado gehen. Es wird dir dort gefallen.“

„Ja, eines Tages … vielleicht.“ Mariska schob ihre Finger zwischen seine und blickte sich nervös um.

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